Einen Airbus für künstliche Intelligenz hatte Altmaier damals gefordert, auch von einer „Europa-Cloud“ für Firmen war die Rede. Doch was das sein sollte, blieb lange rätselhaft. Staatlich betriebene Serverfarmen als Konkurrenz zu Amazon Web Services und der Google-Cloud etwa?
Beim diesjährigen Digitalgipfel verletzte sich Altmaier beim Sturz von der Bühne, des Rätsels Lösung verkündete deshalb sein Digitalbeauftragter Thomas Jarzombek:
„Unsere Idee besteht nicht darin, einen direkten Konkurrenten zu amerikanischen Angeboten zu schaffen. Das, was wir erreichen wollen, ist, dass wir ein Set von Schnittstellen definieren, und von Standards definieren, von Abrechnungssystemen. Alles, was man braucht, um diese Angebote, diese alle so miteinander zu verbinden, dass daraus eine Innovationsplattform wird.“
In der Praxis ist Gaia-X also der Versuch, einen Rahmen zu setzen: Einmal für die heimischen Cloud-Anbieter. Die sollen künftig gemeinsame Netzwerke bilden und so zusammen ähnlich flexibel Rechenkraft verlagern, wie es jetzt schon die Großanbieter tun.
Der zweite Rahmen ist für Unternehmen gedacht, die Cloud-Dienste nutzen: Sie sollen ihre Daten miteinander vernetzen können, ob dauerhaft oder nur einmalig. Damit lassen sich theoretisch Anwendungen für das maschinelle Lernen programmieren und trainieren. Die Idee ist auch hier: Wer viele kleine Silos öffnet, bekommt am Ende einen Datenberg.
Andrea Stich vom Halbleiter-Hersteller Infineon beschrieb auf dem Digitalgipfel ein Anwendungsszenario: Predictive Maintainance – vorausschauende Wartung.
„Wir Unternehmen haben natürlich viele Daten über unsere Maschinen. Aber es genügt immer noch nicht, um in jedem Fall Predictive Maintainance perfekt auszuführen. Jetzt gibt es tausend andere Unternehmen, die die gleichen Maschinen nutzen. Würden wir umdenken, alle unsere Daten in einen Pott schmeißen und daraus ableiten, wenn die Maschine hustet, dass der Servicetechniker schon bevor die ausgehustet hat, nämlich vor der Maschine steht und weiß, was ihr fehlt, dann würden wir uns das Geschäft erleichtern.“
Die Bundesregierung hat für das Projekt Partner wie Bosch, SAP, Telekom, Deutsche Bank und Siemens ins Boot geholt. Auch die französische Regierung will mitmachen.
Erst soll die Idee weiteren deutschen Unternehmen, dann 2020 auch anderen europäischen Ländern schmackhaft gemacht werden. Wer genau Gaia-X betreiben soll, steht noch nicht fest.
Die Ideen seien vage und noch nicht kundenorientiert genug, kritisiert deshalb zum Beispiel der KI-Bundesverband. Die praktische Umsetzung eines dezentralen Netzwerks sei durchaus komplex, gibt Boris Otto vom Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik zu. Er war an der Entwicklung von Gaia-X beteiligt und verteidigt das Konzept.
„Es ist eine grundsätzlich komplexere Architektur, aber sie entspricht einerseits mehr dem Designgedanken des Internets der Dinge, des Internet generell. Und entspricht letzten Endes auch der Realität, denn die deutschen Unternehmen haben ja eigentlich alle ihre eigene Cloud. Aber es geht eben darum, dass man die geschickt miteinander verbindet.“
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